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Das Modell eines exemplarischen Unterrichtes regt an zu einem radikalen Umdenken: Wenn wir über die Anordnung des Lehrstoffes nachdenken, so denken wir meist linear. Wir denken darüber nach, was zuerst gelehrt und gelernt werden kann und soll und was – für uns logischerweise – anschließend gelehrt und gelernt werden kann und soll. Martin Wagenschein hingegen stellt die Frage, was so wesentlich sei, dass es gelehrt und gelernt werden soll und wie auch das Wesentliche in dem großen Angebot an Lehr- und Lernstoff gefunden werden kann und als wesentliches Beispiel gelehrt und gelernt werden kann. In diesem Zusammenhang sei auch „beispielhaft“ darauf verwiesen, dass die in regelmäßigen Abständen wiederkehrende Forderung nach einer Durchforstung der Lehrpläne ineffektiv bleiben wird, wenn es keine allgemein anerkannten didaktischen Richtlinien gibt, wie die Lehrplaninhalte neu zu ordnen sind. Die Formulierung eines Kerncurriculums und die Ordnung des schuleigenen Curriculums nach exemplarischen Gesichtspunkten ist ein vielversprechender Lösungsansatz in dieser sogenannten „Lehrplanmisere“.

Harald Eichelberger

Martin Wagenscheins „Exemplarischer Unterricht“

„Ich glaube, es ist sehr viel interessanter, etwas nicht zu wissen, als Antworten zu haben, die vielleicht falsch sind. Ich habe für manches annähernde Antworten, halte manches für möglich und weiß verschiedene Dinge mit unterschiedlicher Gewissheit. Aber es gibt nichts, dessen ich mir vollkommen sicher bin, und es gibt viele Dinge, über die ich gar nichts weiß … Es beunruhigt mich nicht, dass ich etwas nicht weiß, dass ich verloren und ohne Plan in einem Universum lebe, denn so ist es ja wirklich, soweit ich sehe. Es macht mir keine Angst.“

Richard Feynman

Das Modell eines exemplarischen Unterrichtes regt an zu einem radikalten Umdenken: Wenn wir über die Anordnung des Lehrstoffes nachdenken, so denken wir meist linear. Wir denken darüber nach, was zuerst gelehrt und gelernt werden kann und soll und was – für uns logischerweise – anschließend gelehrt und gelernt werden kann und soll. Martin Wagenschein hingegen stellt die Frage, was so wesentlich sei, dass es gelehrt und gelernt werden soll und wie auch das Wesentliche in dem großen Angebot an Lehr- und Lernstoff gefunden werden kann und als wesentliches Beispiel gelehrt und gelernt werden kann. In diesem Zusammenhang sei auch „beispielhaft“ darauf verwiesen, dass die in regelmäßigen Abständen wiederkehrende Forderung nach einer Durchforstung der Lehrpläne ineffektiv bleiben wird, wenn es keine allgemein anerkannten didaktischen Richtlinien gibt, wie die Lehrplaninhalte neu zu ordnen sind. Die Formulierung eines Kerncurriculums und die Ordnung des schuleigenen Curriculums nach exemplarischen Gesichtspunkten ist ein vielversprechender Lösungsansatz in dieser sogenannten „Lehrplanmisere“. Martin Wagenschein lässt uns zu dieser Problematik eine konkrete Antwort finden. Wir werden aber zumindest über folgende Fragen nachdenken müssen:

–          Was kann aus dem Grundkanon (Kerncurriculum) eines in der Schule zu unterrichtenden Stoffes „herausgenommen“ werden und dem Charakter des Exemplarischen entsprechen?

–          Wie muss dann das „Herausgenommene“ beschaffen sein?

–          Wie soll – dem didaktischen Ansatz entsprechend – das, was man herausnimmt, unterrichtet werden?[1]

Die Bedeutung des Konzepts Martin Wagenscheins für ein didaktisches Konzept

Martin Wagenschein beschreibt das Phänomen, etwas wissen zu wollen, bzw. etwas studieren zu wollen, folgendermaßen: „Es ergreift einen, und deshalb ergreift man es. Man kniet nieder und hebt es auf. Man hat es selbst gesucht und gefunden. Deshalb vergisst man es nicht mehr.“ [2] „Je tiefer man sich eindringlich und inständig in die Klärung eines geeigneten Einzelproblems eines Faches versenkt, desto mehr gewinnt man von selbst das Ganze des Faches.“[3]

Innerhalb der exemplarischen Themen sollen die Schüler also sokratisch suchend mehr oder weniger lange Strecken der Wissensgenese gehen, die die Forscher schon vor ihnen gegangen sind. Nur so werden, nach Martin Wagenschein, Schülerinnen und Schüler befähigt, später einmal über die schon begangenen Wege hinauszuschreiten, nur wer Vorstellungen entwickeln durfte, kann einen Weg sinnvoll fortsetzen! Martin Wagenschein kritisiert am traditionellen Lehrplan vor allem, dass dort der Stoff jedes Faches einmal oder zweimal „durchlaufen“ wird. Das Wort „durchlaufen“ weist seiner Ansicht nach auf zweierlei hin:

Wir gehen von der unsicheren Annahme aus, dass es für jeden Lehrstoff einen eindeutigen Anfang und ein eindeutiges Ende gibt. Martin Wagenschein macht mit Nachdruck darauf aufmerksam, dass diese Annahme dazu verführt, den Stoff zu durcheilen, und er weist auf das Tempo hin, mit dem meist vorgegangen wird. Man beginnt in der Geschichte nun einmal mit der Urgeschichte und endet mit der Neuzeit. Im Mathematikunterricht wird auch nicht nach den Prinzipien unterrichtet, dass man vor allem beherrschen sollte, was allgemeingültig und übertragbar ist. Meist reiht sich Thema an Thema. Nach Martin Wagenschein wird bei diesen systematischen Lehrgängen die Systematik des Stoffes mit der Systematik des Denkens verwechselt[4] und die Stoffe dem eher eindimensionalen und linearen Denken angeglichen. Alles schön der Reihe nach.

Das Tempo, mit dem in unseren Schulen vorgegangen wird, ist eine Folge des systematischen (eindimensionalen) Lehrganges. Lehrerinnen und Lehrer orientieren sich bei ihrer Zeiteinteilung eher am Lehrplan oder an einer vorliegenden Lehrstoffverteilung und nicht am Erkenntnisstand oder am Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler. Die den Stoff durcheilenden Lehrerinnen und Lehrer sind also eine unausbleibliche Folge des systematischen Lehrganges. Der systematische Lehrgang verlangt also einerseits Vollständigkeit: Er will die Systematik des jeweiligen Unterrichtsgegenstandes möglichst von Anfang bis zum Ende durchlaufen haben. Anderseits geht diese Forderung stark auf Kosten der Intensität, mit der man sich den einzelnen Stufen widmen kann: Und wenn wir den ganzen Stoff, weil dieser einfach zu umfangreich geworden ist, nicht mehr durchlaufen können, lernen wir eben jeweils nur das „Wichtigste“ der einzelnen Teilgebiete des Unterrichtsgegenstandes. Oder eher das „Wichtigste des Wichtigsten“. Oder gar nur das „Wichtigste des Wichtigsten des Wichtigsten“ ? Gerade darin sieht Martin Wagenschein eine große Gefahr: „Ein solcher systematischer Lehrgang verführt zur Vollständigkeit, (denn er will bereitstellen) damit zur Hast und zur Ungründlichkeit. So baut er einen imposanten Schotterhaufen. Gerade, indem er sich an die Systematik klammert, begräbt er sie und verstopft den Durchblick.“[5]

Was ist ein Exemplum?

Das „Exemplum“ erschöpft sich nicht in seinem Selbstwert als einzelnes; es weist aus sich heraus. Es muss eine Vielheit, eine Menge vorhanden sein, aus der etwas herausgenommen werden kann. Wenn etwas „Exemplum“ sein soll, dann muss es aus einer Vielheit, aus einer Menge „herausgenommen“ worden sein, deren Teile untereinander im Verhältnis des Gleichartigen, Ähnlichen, Übereinstimmenden oder Identischen stehen. Das, worauf ein „Exemplum“ sich gründet, nämlich auf Gleichheit, Übereinstimmung, Ähnlichkeit oder Identität, ist auch zugleich das Ziel, worauf es sich richtet. Folglich gilt damit auch, das „Um-zu“ beim Exemplum zu verdeutlichen. Ein Schreibzeug ist ein Etwas, um zu schreiben, ein Werkzeug ist etwas, um zu werken, ein Hammer ist etwas, um zu hämmern Ebenso ist das Exemplum etwas, um Gleichheit, Übereinstimmung, Ähnlichkeit oder Identität aufzuweisen.

Zwei didaktische Elemente kennzeichnen weiters das Prinzip des Exemplarischen Unterrichtes bzw. Lernens:

–          Das Element des Sokratischen.

–          Das Element des Genetischen.

Das sokratische Element im Exemplarischen Verfahren

Der griechische Philosoph Sokrates prägte im Altertum einen ganz bestimmten Stil des philosophischen Gespräches: das sokratische Fragen. Sokrates (bzw. Platon) vertrat die Ansicht, dass das Wissen in jedem Menschen schlummere und nur durch geeignetes Fragen geweckt werden könne. Man muss den Menschen also nicht mit Wissen „beliefern“, sondern es nur durch die richtige Methode aus ihm „herausholen“. Dieses „Herausholen des Wissens“ verglich Sokrates mit der Hebammenkunst und nannte diese Kunst „Maieutik“.

Es ist dies sicher nicht der schulische Weg, um zu „Wissen“ zu gelangen, aber ein Hinweis, wie Ausgangspunkte zu finden sind, um Wissen in uns aufnehmen zu können:

–          Das Staunen des Menschen,

–          das Erkennen eines Phänomens,

–          die eigene Betroffenheit,

–          etwas Lernen wollen,

–          ein Thema, das so gestellt ist, dass sich den Schülerinnen und Schülern Fragen aufwerfen, nach deren Lösung es sie drängt.

Das genetische Element im Exemplarischen Verfahren

Wäre es nicht auch sehr interessant zu erfahren, woher die Geschichte all ihr Wissen über das Altertum hat? Wäre es nicht interessant zu erfahren, welche Entwicklung das Wissen durchlaufen hat, das sich unsere Kinder üblicherweise aneignen sollen? Es wäre nicht nur interessant, sondern würde viel zum Verständnis beitragen. Wie könnte man z. B. doch der Physik näherkommen, wenn man sich auf die Spur des Forschungsganges eines Gelehrten heftet? Es ist sicher auch interessant zu erfahren, wie die Menschen das Zählen und die Zahlen erfunden haben … Siehe dazu S.*!

Das Prinzip das Exemplarischen

Aus diesen oben genannten Gründen entwickelte Martin Wagenschein das Prinzip des Exemplarischen Unterrichtes, der, wie schon erwähnt, „herausnimmt“. Wenn wir in flüchtiger Berührung von Stoff zu Stoff eilen, doch so, dass in der Prüfung „abfragbares Wissen“ herauskommt, so entsteht ein Wissen, das dann in kurzer Zeit vergessen ist. Wenn wir an Stelle dieses flüchtigen Vielerlei an einer Stelle bleiben und uns eingraben, so entsteht eine Art des Lernens, die wir alle kennen und unseren Kindern doch nicht gönnen: das Sich-in-eine-Sache-Versenken.

Hier verweilt man bei „herausgenommenen“ Themen lange, behandelt sie gründlich. Es gibt dabei keine Richtung des Lehrganges, sondern jedes dieser tiefgehend behandelten Gebiete verweist auf das Ganze des jeweiligen Gegenstandes. „Das einzelne, in das man sich versenkt, ist nicht Stufe, es ist Spiegel des Ganzen.“[6]

Die pädagogische Bedeutung des Prinzips des Exemplarischen charakterisiert Martin Wagenschein in den folgenden Zitaten: „Wenn man die Themen, mit denen man sich gründlich beschäftigt, richtig auswählt, dann bleibt das, was man an ihnen lernt, nicht ein „Teil“, der zu anderen Teilen zu summieren wäre, sondern er wird stellvertretend und damit ausstrahlend aufs Ganze.“[7] „Versucht man von hier aus eine erste Definition des exemplarischen Lehrens, so könnte man sagen: Es ist die Art der Gründlichkeit, die von einem einzelnen aufs Ganze geht – und zwar, indem es durch eindringliches Verweilen den ganzen Menschen anfordert und auch das ganze des Faches (ja unter Umständen der geistigen Welt) erhellt, insofern es als Beispiel repräsentativ ist.“[8]

Bedingungen

Nach Martin Wagenschein sollten wir an den Phänomenen, möglichst nah am wirklichen Leben, lernen können. Wenn wir die Schule schon nicht in allen Fällen verlassen können, so müssen wir uns immer wieder die Fragen nach der für die pädagogischen Vorhaben geeigneten „vorbereiteten Umgebung“ stellen; Fragen, die Martin Wagenschein als Reformpädagogen ausweisen:

–          Sind die für die Entwicklung der Fähigkeiten der Lernenden notwendigen Arbeitsmaterialien vorhanden?

–          Bin ich als Lehrende ein entsprechender Teil dieser „vorbereiteten Umgebung“ und in der Lage den Lernenden zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln?

–          Kann Lernen und Entwicklung auch in einem entspannten Feld stattfinden?

–          Ist ein für die Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit geeigneter Rahmen geschaffen worden (auch sozial)?

–          Über welche Fähigkeiten muss ein Lehrer, ein Lehrer verfügen, um helfen zu können?

Vermittlung des Stoffes

Am Anfang steht die entdeckende und erforschende Tätigkeit der Schülerinnen und Schüler selbst. Martin Wagenschein plädiert unbedingt für die Einbeziehung von Personen in den Unterricht, die in den gefragten Bereichen mehr wissen als die Lehrerinnen und Lehrer. Die Hilfe der Lehrerinnen und der Lehrer ist entscheidend für das Finden des Allgemeingültigen, des Beispielhaften und des Übertragbaren. Sie oder er hat dafür zu sorgen, dass durch das Studium gleichsam „Plattformen“ errichtet werden, von denen weiter ausgegangen werden kann zur Errichtung neuer Plattformen. Dazu nochmals Martin Wagenschein: „Die Schule hat nicht mit dem Stoff „fertig“ zu werden, sondern sie hat die Kinder so zu lehren, dass sie mit dem Gelernten etwas „anfangen“ können.“[9]

Zusammenfassung – Kriterien des „Exemplarischen Verfahrens“

–          Exempla sollen sich auszeichnen durch Bildhaftigkeit, Anschaulichkeit, Vorstellbarkeit, Eindeutigkeit, Geprägtheit und durch auffallende Nähe zum Konkreten.

–          Exempla sind mehr als Nur-Singularität. Sie weisen über sich hinaus; mit und an ihnen sollen Allgemeingültigkeiten ausgesagt werden, die auch für andere Objekte zutreffen. Jede Nur-Einmaligkeit und Nur-Individualität kann nicht Exemplum sein.

–          Allen Beispielen liegt ganz augenscheinlich folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Beispiel oder an mehreren Beispielen kann eine allgemeine, abstrakte Wahrheit aufgezeigt werden. Bei der Anwendung eines Exemplums ist ein Drei-Schritt zu vollziehen:

1. Schritt: Auswahl und Beschreibung des Exemplums;

2. Schritt: Aufzeigen der allgemeinen, abstrakten Wahrheit;

3. Schritt: Bewältigung neu auftretender Fälle aufgrund der gewonnenen, allgemeinen, abstrakten Erkenntnis.

–          Die Schwierigkeit der isolierenden Abstraktion ist umso größer, je vielfältiger und komplexer der Gegenstand ist, der als Exemplum dient. Bei der Auswahl des Exemplums hilft uns die Frage nach dem Wesentlichen. Das Wesentliche ergibt sich aus der Fragestellung, aus dem Wozu des Exemplums.

–          Wohl nirgends leuchtet der Grundsatz, vom Bekannten auszugehen, so ein wie bei dieser pädagogischen Aufgabe.

–          Exemplarischer Unterricht ist mit einer Einteilung in 45-Minuten-Einheiten ganz und gar unverträglich. Er strebt nach Persönlichkeits- und Themenorientierung und nach Zeit zur Arbeit und zur Vertiefung.

–          Exemplarischer Unterricht strebt nicht nach Erleichterung, sondern nach dem Ergriffenwerden der Lernenden und der Lehrenden von einer Frage, einer Aufgabe, die die geistigen Kräfte anruft, anfordert, gliedert und steigert …

–          Exemplarischer Unterricht würde dem vergleichbar sein, dass man an einigen günstigen Stellen des Lehrgangs Lichter errichtet, von den Schülerinnen und Schülern errichten lässt, Leuchttürme, so gewählt, dass sie den ganzen Weg erhellen.[10]

Zum Abschluss nochmals Martin Wagenschein: „Wissen ist Macht“, das ist kein Spruch mehr für den Menschen der Gegenwart, der soviel weiß und doch nichts als seine Ohnmacht erfahren musste. Wir hoffen für unsere Schüler, … dass sie im Gegenteil Macht über Wissen erlangen.“[11]

Die hier diskutierten Beiträge aus der Reformpädagogik sind Grundlage für ein eigenständiges didaktisches Konzept, dem Konzept einer Entwicklungspädagogik. Durch die Betonung der kindlichen Entwicklung als zentralen Orientierungsbegriff eines didaktischen Modells nimmt die Entwicklungspädagogik zum ersten Mal die radikalen Ansätze der Reformpädagogik in ein Modell einer allgemeinen Didaktik auf. Dass die Entwicklungspädagogik ein didaktisches Modell und als solches gleichzeitig eine Anregung zur Bildung eines eigenen subjektiven didaktischen Konzeptes darstellt, kann als Weiterentwicklung der wissenschaftlichen didaktischen Diskussion gesehen werden und stellt sicher ebenso eine Innovation im didaktischen Denken dar.

Eine Entwicklungspädagogik ist selbst ein lebendiges System, das immer wieder vom Lehrenden überdacht, konzipiert, verändert und angepasst werden wird. Entwicklungspädagogik ist somit entwickelbar. Sie ist eine lebendige Didaktik für lebendiges Lernen.

Zwei Aspekte sind für das Grundverständnis einer Entwicklungspädagogik wesentlich:

–          Der wesentliche Lebensbereich und damit das konstitutive Geschehen einer Entwicklungspädagogik ist die individuelle, sich an der Selbstbestimmung orientierende Entwicklung des Menschen in der jeweils bestimmten gesellschaftlichen Lebensform. Sie ist immer eine subjektive und subjektbezogene Didaktik, der ein wissenschaftliches und lebenstaugliches Konzept von Entwicklung zugrunde liegt.
Eine Entwicklungspädagogik versteht sich als Entwicklungshilfe zur individuellen Entwicklung, zur Individualisierung im Sinne der Selbstbestimmung, der Selbstfindung und der lebensbedeutenden Sinnfindung der Heranwachsenden. Entwicklungspädagogik geht davon aus, dass nicht mehr die Wissensvermittlung die vordringlichste Aufgabe der Lehrenden ist, sondern die Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Entwicklungspädagogik wird von den jeweils Lehrenden als subjektives Konzept des Lehrens in einem Akt des Nachschaffens und Nachschöpfens selbst geschaffen:
Dieses subjektive, entwicklungsdidaktische Konzept wird sich in seinen Kernbereichen an der kindlichen Entwicklung orientieren, in seiner theoretischen Orientierung einen adäquaten Bildungs- und Lernbegriff enthalten, eine Integration der bisher schon bekannten und bewährten didaktischen Modelle als Basis für personenbezogene Entscheidungen ermöglichen und es wird eine sachlogische und fachdidaktische Grundlage haben.

Der zweite wesentliche Aspekt der Entwicklungspädagogik ist ihre permanente Entwickelbarkeit und Adaptierbarkeit: Dieses subjektive entwicklungsdidaktische Konzept wird für den Lehrenden eine konkrete Handlungsanleitung und dennoch ein sich immer veränderbares, entwickelbares und pädagogisch relevantes Konzept sein. Als subjektives didaktisches Konzept ist die Entwicklungspädagogik ein Konzept, das ständig überdacht werden wird, das lebt, sich verändert, immer wieder eine eigene Schöpfung sein wird …

Wir hoffen, dass Sie das Modell der Entwicklungspädagogik zur (Nach)schöpfung Ihres didaktischen Modells anregen wird, das für Ihr pädagogisches Handeln und für Ihre pädagogische Orientierung relevant sein wird.[1][12]

 

Literatur:



 



[1]             Büthe, Wilhelm: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, Hannover 1965, S. 80.

[2]             Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S.14.

[3]             Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 16.

[4]             Wagenschein, Martin: Verstehen lehren, Weinheim 1989, S. 8f.

[5]             Wagenschein, Martin: a.a.O., S. 9.

[6]             Wagenschein, Martin: a.a.O., S. 12.

[7]             Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 17.

[8]             Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 9.

[9]             Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 22.

[10]           Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 22.

[11]           Wagenschein, Martin: In: Roth, Heinrich: Exemplarisches Lehren, S. 22.

[12]           Siehe dazu: Eichelberger, Harald & Wilhelm, Marianne: Entwicklungsdidaktik. Wien 2003

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